MiFID – Vergütungsgrundsätze – MaComp-Modul BT 8
MiFID – Vergütungsgrundsätze – MaComp-Modul BT 8. Die BaFin regelt in BT 8 folgendes: BT 8 Anforderungen an Vergütungssysteme im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen
- BT 8.1 Anwendungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften
- BT 8.2 Formelle Kriterien für die Konzeption und Überwachung von Vergütungssystemen
- BT 8.2.1 Einrichtung und Umsetzung von Vergütungssystemen
- BT 8.2.2 Überwachung von Vergütungssystemen
- BT 8.3 Inhaltliche Kriterien für die Konzeption von Vergütungssystemen
- BT 8.3.1 Verwendung variabler Vergütungskomponenten
- BT 8.3.2 Bemessung variabler Vergütungskomponenten
- BT 8.3.3 Beispiele für Vorgehensweisen bei der Verwendung und Bemessung variabler Vergütungskomponenten
MiFID – Vergütungsgrundsätze – MaComp-Modul BT 8
In BT 8.1 Anwendungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften wird folgendes geregelt:
- Soweit neben BT 8 auch das Kreditwesengesetz, die Instituts-Vergütungsverordnung, das Kapitalanlagegesetzbuch, eine gemäß § 37 Abs. 3 des Kapitalanlagegesetzbuches erlassene Rechtsverordnung oder das Versicherungsaufsichtsgesetz oder die Versicherungs-Vergütungsverordnung Anwendung findet, und eine Anforderung des BT 8 einer der vorgenannten Regelungen widerspricht, tritt die Anwendung des BT 8 hinter diesen Regelungen zurück.
- Relevante Personen im Sinne dieses BT 8 sind Personen, die die erbrachten Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder das Verhalten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens maßgeblich beeinflussen können, einschließlich der Personen, die als Mitarbeiter im Bereich Vertrieb mit Kundenkontakt (z.B. Anlageberater), als Außendienstmitarbeiter oder vertraglich gebundener Vermittler oder als sonstige Mitarbeiter an der Erbringung von Wertpapier- oder -nebendienstleistungen beteiligt sind und deren Vergütung unangemessene Anreize bieten kann, nicht im Interesse des Kunden zu handeln. Weiterhin gehören hierzu auch alle weiteren Personen, die Vertriebsmitarbeiter kontrollieren (z. B. Vorgesetzte oderVertriebsbeauftragte) und die Druck auf die Vertriebsmitarbeiter ausüben können sowie Finanzanalysten, deren Analysen Vertriebsmitarbeiter dazu nutzen können, Kunden zu Anlageentscheidungen zu veranlassen.Je nach Tätigkeitsbereich können im Einzelfall bei maßgeblicher Einflussmöglichkeit auch Mitarbeiter der Bereiche Beschwerdeabwicklung, Schadensbearbeitung, Kundenbindung und Produktentwicklung relevante Personen im Sinne dieses BT 8 sein.
- Vergütung im Sinne dieses BT 8 erfasst jede Form direkter oder indirekter Zahlungen oder Leistungen von Wertpapierdienstleistungsunternehmen an relevante Personen, die an der Erbringung von Wertpapierdienst- oder -nebendienstleistungen für Kunden beteiligt sind. Sie kann sowohl finanzieller Art (Barmittel, Aktien, Optionen, Gewährung oder Übernahme von Krediten, Pensionszusagen, Vergütungen durch Dritte z. B. im Rahmen von Gewinnbeteiligungsmodellen, Gehaltserhöhungen usw.) als auch nichtfinanzieller Art (Beförderungen, Krankenversicherung, Zulagen für Kraftfahrzeuge, private Nutzung dienstlicher Mobiltelefone, großzügige Spesenkonten, Seminare an exotischen Orten usw.) sein.
- Nicht als Vergütung gelten finanzielle oder nichtfinanzielle Leistungen, die aufgrund einer gesetzlichen Regelung oder als gesetzliche Beiträge gewährt bzw. gezahlt werden. Hierzu zählen insbesondere die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs und zur betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes.
- Die Vorschriften dieses BT 8 sind nicht anzuwenden auf Vergütungen, die• durch Tarifvertrag vereinbart sind,• im Geltungsbereich eines Tarifvertrags durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen vereinbart sind oder• aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart sind.
BT 8.2 Formelle Kriterien für die Konzeption und Überwachung von Vergütungssystemen
BT 8.2.1 Einrichtung und Umsetzung von Vergütungssystemen
- Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat in Abstimmung mit seinem Interessenkonflikt- und Risikomanagement ein angemessenes Vergütungssystem einzurichten, das unter anderem auch24 darauf ausgerichtet ist, sicherzustellen, dass Kundeninteressen durch die Vergütung relevanter Personen kurz-, mittel- oder langfristig nicht beeinträchtigt werden.
- Die Geschäftsleitung ist für die angemessene Ausgestaltung und Umsetzung des Vergütungssystems sowie für die Vermeidung vergütungsbezogener Risiken und den Umgang mit den Restrisiken verantwortlich. Damit trägt sie im Rahmen ihres unternehmerischen Ermessens auch die Letztverantwortung für die Festsetzung der Vergütung einzelner relevanter Personen. Soweit es sich bei den relevanten Personen um Mitglieder der Geschäftsleitung handelt, ist stattdessen das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan entsprechend verantwortlich.
- Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen ihr Vergütungssystem schriftlich dokumentieren und regelmäßig überprüfen. Bei der Ausgestaltung der Vergütungssysteme ist die Compliance-Funktion zur Beratung hinzuzuziehen, bevor sie bei relevanten Personen zur Anwendung kommen.
- Relevante Personen müssen im Voraus und in verständlicher Weise über die Kriterien zur Festsetzung der Höhe ihrer Vergütung sowie über die Stufen und den Zeitplan ihrer Leistungsbeurteilung schriftlich informiert werden. Die von Wertpapierdienstleistungsunternehmen für die Leistungsbeurteilung relevanter Personen verwendeten Kriterien (z.B. auch die Gewichtung von Kriterien, Ermessensausübung durch die Geschäftsleitung, Geltung konzernweiter Prozesse) müssen dokumentiert und für diese zugänglich und verständlich sein.
- Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen sicherstellen, dass die Grundsätze und Verfahren zur Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen die Prüfung vorsehen, ob mit diesen Produkten oder Dienstleistungen vergütungsbezogene Risiken für die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln und für die Vermeidung von Interessenkonflikten verbunden sind (etwa wenn bei der Produkterstellung bereits besondere Vergütungsmerkmale mit dem Vertrieb des Produktes verknüpft werden) und ob die Vergütungssysteme des Wertpapierdienstleistungsunternehmens identifizierten Risiken hinreichend Rechnung tragen. Andernfalls ist entweder das neue Produkt bzw. die neue Dienstleistung abzuändern oder das Vergütungssystem entsprechend anzupassen. Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen diese Prüfung in geeigneter Form dokumentieren.
- Mit der Umsetzung von Vergütungssystemen sind geeignete Stellen zu betrauen.
- Die Vergütungssysteme müssen die effektive Durchführung von Kontrollhandlungen durch die operativen Bereiche vorsehen, die die wirksame Feststellung von Fällen, in denen relevante Personen aus vergütungsbezogenen Gründen nicht im Interesse des Kunden handeln, und die Einleitung von Gegenmaßnahmen ermöglichen.
BT 8.2.2 Überwachung von Vergütungssystemen
- Die Compliance-Funktion überwacht die Einrichtung, Ausgestaltung und Umsetzung von Vergütungssystemen gemäß den Grundsätzen des BT 1.2.1. In Bezug auf die Vergütung der Geschäftsleitung kann die Prüfung anhand abstrakter Kriterien erfolgen.
- Beispiele für gute Vorgehensweisen bei der Überwachung:• Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen zieht ein breites Spektrum an Informationen zur Überwachung der Qualität der Geschäftstätigkeit und Umsatzverläufe heran, wie etwa Trend- und Ursachenanalysen, um Bereiche mit erhöhtem Risiko zu ermitteln und einen risikobasierten Ansatz für die Überwachung der Verkäufe zu unterstützen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf leistungsstarken relevanten Personen (z.B. solchen mit hohen Umsätzen oder hoher variabler Vergütung) liegt. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen stellt sicher, dass die Ergebnisse dieser Analysen dokumentiert und der Geschäftsleitung zusammen mit Vorschlägen für Berichtigungsmaßnahmen vorgelegt werden.• Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wendet Instrumente zur Datensammlung an, um die Anlagerenditen von Kunden über verschiedene Zeiträume in Bezug auf Wertpapierdienstleistungen zu bewerten, die von relevanten Personen erbracht wurden, deren Vergütung variable Bestandteile enthält. Die Bewertung dieser Informationen wird an Stelle eines Verkaufsziels bei der Gewährung variabler Vergütung berücksichtigt.• Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen prüft jedes Jahr, ob in adäquater Weise die qualitativen Daten erfasst werden, die für die Festsetzung der variablen Vergütung relevanter Personen erforderlich sind.• Zur Prüfung der Zweckmäßigkeit seines Bonussystems legt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Programm auf, das die stichprobenartige Kontaktaufnahme zu Kunden kurz nach Abschluss eines Verkaufs, der im persönlichen Verkauf zustande gekommen ist, vorsieht und bei dem es nicht die Möglichkeit hat, Aufzeichnungen der Gespräche zu überwachen.• Bei Personen mit besonders hoher variabler Vergütung wird von einem potenziell höheren Risiko ausgegangen, weshalb sie einer genaueren Kontrolle unterliegen.
• Informationen wie die Ergebnisse früherer Compliance-Prüfungen und der Regelprüfung nach § 36 WpHG, berechtigte Beschwerden oder Daten über Rückabwicklungen (z.B. aufgrund von Widerruf oder Rücktritt) werden bei der Compliance-Prüfung herangezogen. Die Ergebnisse fließen in die Konzeption/Überprüfung der Vergütungssysteme ein.
- Beispiel für Vorgehensweisen, die in der Regel unzulässig sind: Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nimmt keine Überwachung, Bewertung und Vermeidung der Risiken vor, die mit der Festsetzung eines Teils der variablen Vergütung oder der gesamten variablen Vergütung anhand von quantitativen Daten verbunden sind.
BT 8.3 Inhaltliche Kriterien für die Konzeption von Vergütungssystemen
- Bei der Konzeption und Überprüfung von Vergütungssystemen sind alle für die Vergütung und die Auswirkung der Vergütung relevanten• Faktoren, beispielsweise die Funktion relevanter Personen, die Art der angebotenen Produkte oder die Vertriebsmethode (z. B. Vertrieb mit oder ohne Beratung, im persönlichen Kontakt oder per Telekommunikation), und• Risiken, die sich für die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln und für die Vermeidung von Interessenkonflikten ergeben könnenzu identifizieren und zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist ein angemessener Umgang mit etwaigen Restrisiken sicherzustellen (wie etwa die Art und Herkunft der vergütungsbezogenen Interessenkonflikte eindeutig darzulegen).
- Vergütungssysteme dürfen nicht unnötig kompliziert sein. Gestaltungen dürfen insbesondere nicht so komplex sein, dass Kontrollen im Hinblick auf die Erkennung von Risiken zum Nachteil des Kunden an Wirksamkeit einbüßen. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss die einheitliche Auslegung, Anwendung und Kontrolle der Vergütungssysteme gewährleisten.
BT 8.3.1 Verwendung variabler Vergütungskomponenten
- Die Vergütungssysteme dürfen keine Anreize setzen, die relevante Personen veranlassen können, ihre persönlichen Interessen oder die Interessen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zum potenziellen Nachteil von Kunden über die Kundeninteressen zu stellen (z. B. beim Verkauf von Emissionen, die der Eigenmittelausstattung dienen, oder beim Verkauf von Finanzinstrumenten, die lukrativer für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind).
- Variable Vergütungselemente können grundsätzlich einen legitimen Bestandteil erfolgsorientierter Vergütungssysteme darstellen, wenn die Voraussetzungen dieses BT 8 erfüllt werden.
- Besteht die Vergütung aus einer variablen und einer fixen Vergütungskomponente, müssen beide in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das Verhältnis ist nicht angemessen, wenn es entgegen der Kriterien des § 25a Abs. 5 KWG ausgestaltet ist25.
- Die Vergütungssysteme müssen einen flexiblen Umgang mit der variablen Vergütung ermöglichen und im Einzelfall das vollständige Entfallen des variablen Vergütungsteiles gestatten.
- Bei der Festsetzung der Vergütung vertraglich gebundener Vermittler können Wertpapierdienstleistungsunternehmen deren besonderem Status Rechnung tragen, insbesondere dem Umstand, dass vertraglich gebundene Vermittler in der Regel selbständige Handelsvertreter nach § 84 des Handelsgesetzbuches sind.
BT 8.3.2 Bemessung variabler Vergütungskomponenten
- Bei der Festsetzung einer variablen Vergütung dürfen nicht nur quantitative Kriterien (z. B. Wert der verkauften Finanzinstrumente, Verkaufsvolumen, Zielvorgaben für Verkäufe oder Neukunden) zugrunde gelegt werden.
- Für die Bemessung einer variablen Vergütung müssen die Vergütungssysteme geeignete Kriterien definieren, die dazu dienen, die Interessen relevanter Personen oder der Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit den Kundeninteressen in Einklang zu bringen. Geeignete Kriterien sind insbesondere qualitative Kriterien, die die relevanten Personen darin bestärken, im Interesse des Kunden zu handeln.
- Beispiele für qualitative Kriterien sind• die Einhaltung von rechtlichen Vorschriften (speziell der Wohlverhaltensregeln, insbesondere – soweit relevant – die ordnungsgemäße Durchführung der Geeignetheits- bzw. Angemessenheitsprüfung) und von internen Verfahren;• die faire Behandlung von Kunden, die z. B. – quantitativ gemessen – durch eine sehr geringe Anzahl begründeter Beschwerden über einen langen Zeitraum gekennzeichnet sein kann;• die Kundenzufriedenheit.