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Fiktiver wirtschaftlich Berechtigter: Meldepflichten an das Transparenzregister

Das Transparenzregister ist ein zentrales Instrument der Geldwäscheprävention in Deutschland. Es soll die wirtschaftlich Berechtigten (auch „Ultimate Beneficial Owners“ oder UBOs genannt) von Unternehmen und anderen Vereinigungen für Verpflichtete (wie Banken oder Notare) einsehbar machen.

Doch was passiert, wenn nachweislich kein „echter“ wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden kann, zum Beispiel bei Gesellschaften mit stark gestreutem Eigentum? Hier kommt der „fiktive wirtschaftlich Berechtigte“ ins Spiel.

Dieser Artikel erklärt die Definition, die Meldepflichten und die wichtigen Unterschiede.

Fiktiver wirtschaftlich Berechtigter: Meldepflichten an das Transparenzregister

Direkter Vergleich: Tatsächlicher UBO vs. Fiktiver UBO

UBO steht für Ultimate Beneficial Owner – auf Deutsch: wirtschaftlich Berechtigte:r. Gemeint ist die Person, die letztlich Eigentum/Kontrolle über ein Unternehmen ausübt.

Kriterium Tatsächlicher wirtschaftlich Berechtigter (UBO) Fiktiver wirtschaftlich Berechtigter (UBO) – empfohlen bei Nichtermittlung
Rechtsgrundlage § 3 Abs. 1 u. 2 GwG § 3 Abs. 2 S. 5 GwG
Wer ist das? Eine natürliche Person (Mensch), die letztlich Eigentum oder Kontrolle ausübt. Der/die gesetzliche Vertreter:in (z. B. Geschäftsführer:in, Vorstand) der meldenden Gesellschaft.
Wann wird gemeldet? Wenn eine natürliche Person
  • > 25 % Kapitalanteile hält oder
  • > 25 % Stimmrechte hält oder
  • auf sonstige Weise Kontrolle ausübt.
Nur, wenn nachweislich kein tatsächlicher UBO (linke Spalte) ermittelt werden kann – trotz angemessener, dokumentierter Nachforschungen.
Beispiel-Fall GmbH mit 3 Gesellschafter:innen (50 %, 30 %, 20 %).
→ 50 %- und 30 %-Gesellschafter:innen sind UBOs.
AG im Streubesitz (viele Aktionär:innen, niemand > 25 %).
→ Fiktiver UBO: gesamter Vorstand.
Meldung „Art des Interesses“ z. B. „Kapitalanteil > 25 %“ oder „Stimmrechtskontrolle > 25 %“ z. B. „Stellung als gesetzliche:r Vertreter:in“

1. Das Transparenzregister: Wer muss melden?

Zur aktiven Meldung an das Transparenzregister sind laut GwG (Geldwäschegesetz) insbesondere die folgenden „transparenzpflichtigen Rechtseinheiten“ verpflichtet:

  • Juristische Personen des Privatrechts (z.B. GmbH, AG, eingetragene Vereine) und eingetragene Personengesellschaften (z.B. KG, GmbH & Co. KG) nach § 20 GwG.

  • Trusts (verwaltet von Trustees), nichtrechtsfähige Stiftungen (mit eigennützigem Zweck) und ähnliche Rechtsgestaltungen nach § 21 GwG.


2. Wer ist der (tatsächliche) wirtschaftlich Berechtigte?

Bevor der fiktive Berechtigte relevant wird, muss immer geprüft werden, ob ein tatsächlicher wirtschaftlich Berechtigter nach § 3 GwG existiert. Dies ist immer eine natürliche Person, die:

  • Eigentum oder Kontrolle über die Vereinigung ausübt.

  • Insbesondere mehr als 25 % der Kapitalanteile hält.

  • Mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert.

  • Auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (z.B. durch Stimmrechtsvereinbarungen oder als Komplementär).

Sonderfall Stiftungen & Trusts (§ 3 Abs. 3 GwG): Bei rechtsfähigen Stiftungen und treuhänderischen Rechtsgestaltungen ist der Kreis der UBOs sehr weit gefasst. Hierzu zählen u.a. alle natürlichen Personen, die als Treugeber, Trustee, Protektor, Mitglied des Stiftungsvorstands oder als Begünstigte handeln.


3. Der fiktive wirtschaftlich Berechtigte: Definition & Anwendungsfälle

Was passiert, wenn eine GmbH oder AG keinen Gesellschafter hat, der die 25%-Schwelle überschreitet (Streubesitz) und auch niemand sonst Kontrolle ausübt?

Hier greift die Fiktion nach § 3 Abs. 2 S. 5 GwG:

Kann kein tatsächlicher wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, gilt der gesetzliche Vertreter (z.B. der Geschäftsführer einer GmbH, der Vorstand einer AG) oder der geschäftsführende Gesellschafter als fiktiver wirtschaftlich Berechtigter.

Wann ist der fiktive UBO zu melden?

  1. Streubesitz: Wenn alle Anteilseigner 25 % oder weniger der Anteile/Stimmrechte halten (und keine Poolverträge etc. bestehen).

  2. Erfolglose Nachforschung: Wenn die Anteilseigner unbekannt sind und angemessene Nachforschungen (Pflicht nach § 20 Abs. 3a GwG) ergebnislos verlaufen. Diese Nachforschungen müssen dokumentiert werden.

  3. Beteiligung der öffentlichen Hand: Sind ausschließlich juristische Personen des öffentlichen Rechts an einer Vereinigung beteiligt, gilt stets der gesetzliche Vertreter als fiktiv wirtschaftlich Berechtigter.

Wichtig: Fiktiv wirtschaftlich Berechtigte sind nur dann zu melden, wenn die Prüfung ergeben hat, dass kein tatsächlicher wirtschaftlich Berechtigter existiert.


4. Umfang der Meldepflichten: Was muss gemeldet werden?

Folgende Angaben (§ 19 Abs. 1 GwG) zu den ermittelten (tatsächlichen oder fiktiven) wirtschaftlich Berechtigten müssen eingeholt, aufbewahrt, aktuell gehalten und unverzüglich gemeldet werden:

  • Vor- und Nachname

  • Geburtsdatum

  • Wohnort

  • Alle Staatsangehörigkeiten

  • Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses

Der Punkt „Art und Umfang“ macht deutlich, warum die Person UBO ist. Hier muss angegeben werden, ob die Stellung z.B. auf Kapitalanteilen, Stimmrechtskontrolle (ggf. durch Poolverträge) oder – im Falle der Fiktion – auf der Stellung als gesetzlicher Vertreter beruht.


5. Wichtiges Update: Das Transparenzregister ist ein Vollregister

Früher galt die sogenannte „Mitteilungsfiktion“ (§ 20 Abs. 2 GwG a.F.). Eine aktive Meldung an das Transparenzregister war oft entbehrlich, wenn sich die UBO-Angaben bereits elektronisch aus anderen Registern (z.B. Handelsregister) ergaben.

Diese Fiktion ist am 01. August 2021 vollständig weggefallen.

Seit dem Ablauf der gestaffelten Übergangsfristen (zuletzt 31.12.2022) müssen alle transparenzpflichtigen Rechtseinheiten ihre wirtschaftlich Berechtigten aktiv an das Transparenzregister melden, unabhängig davon, was in anderen Registern steht. Das Transparenzregister ist nun ein Vollregister.


6. Laufende Pflicht: Unstimmigkeitsmeldungen

Die Einführung des Vollregisters hat auch die Bedeutung der Unstimmigkeitsmeldung (§ 23a GwG) erhöht.

  • Wer? Verpflichtete nach dem GwG (z.B. Banken, Notare, Makler, Güterhändler).

  • Was? Wenn ein Verpflichteter bei der Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten (z.B. bei einer Kundenprüfung) feststellt, dass die Angaben im Transparenzregister von seinen eigenen Erkenntnissen abweichen (oder ein Eintrag ganz fehlt), muss er dies unverzüglich der registerführenden Stelle melden.

  • Aktueller Status: Die Übergangsfrist, die diese Meldepflicht in bestimmten Fällen aussetzte, ist am 01. April 2023 abgelaufen. Die Pflicht zur Abgabe von Unstimmigkeitsmeldungen gilt seither vollumfänglich.


Fazit

Die korrekte Ermittlung und Meldung der wirtschaftlich Berechtigten ist eine zentrale Compliance-Pflicht. Die Unterscheidung zwischen tatsächlichen und fiktiven UBOs sowie die nunmehr geltende Pflicht zur aktiven Meldung (Vollregister) erfordern präzise Prozesse. Fehler können Bußgelder nach sich ziehen.

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FAQ – Fiktiver wirtschaftlich Berechtigter & Transparenzregister

  • Was ist ein fiktiver wirtschaftlich Berechtigter?

    Ein fiktiver wirtschaftlich Berechtigter ist eine Art „Platzhalter“. Wenn nachweislich keine natürliche Person als tatsächlicher wirtschaftlich Berechtigter (z. B. mit über 25 % Kapitalanteil oder Kontrolle) ermittelt werden kann, muss stattdessen der gesetzliche Vertreter der Gesellschaft (z. B. der Geschäftsführer oder Vorstand) als fiktiver UBO an das Transparenzregister gemeldet werden (§ 3 Abs. 2 S. 5 GwG).

  • Wann muss ich den fiktiven UBO melden?

    Nur dann, wenn eine umfassende Prüfung ergeben hat, dass kein tatsächlicher wirtschaftlich Berechtigter existiert. Der häufigste Fall ist der „Streubesitz“, bei dem kein Anteilseigner die 25 %-Schwelle überschreitet und auch sonst niemand (z. B. durch Poolverträge) Kontrolle ausübt. Unternehmen müssen angemessene Nachforschungen anstellen und dies dokumentieren; erst wenn diese ergebnislos bleiben, wird der fiktive UBO gemeldet.

  • Wer genau ist der fiktive UBO (z. B. bei einer GmbH)?

    Der fiktive UBO ist der gesetzliche Vertreter. Bei einer GmbH sind dies alle eingetragenen Geschäftsführer. Bei einer AG ist es der gesamte Vorstand. Diese Personen müssen dann mit ihren Daten (§ 19 GwG) gemeldet werden, wobei als „Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses“ die Stellung als gesetzlicher Vertreter anzugeben ist.

  • Was bedeutet „Vollregister“ und was hat sich seit 2021 geändert?

    Früher galt die „Mitteilungsfiktion“: War der UBO bereits im Handelsregister ersichtlich (z. B. als Gesellschafter), musste man ihn nicht zusätzlich dem Transparenzregister melden. Diese Fiktion ist weggefallen. Als „Vollregister“ muss nun jede transparenzpflichtige Rechtseinheit ihre UBOs aktiv an das Transparenzregister melden, selbst wenn die Daten schon im Handelsregister stehen.

  • Was ist eine „Unstimmigkeitsmeldung“?

    Verpflichtete (wie Banken, Makler, Notare) müssen bei der Identifizierung ihrer Kunden (KYC) die Angaben im Transparenzregister prüfen. Stellen sie dabei Abweichungen fest (z. B. der UBO fehlt, die Daten sind falsch), müssen sie dies der registerführenden Stelle unverzüglich melden (§ 23a GwG). Die Übergangsfristen hierfür sind am 1. April 2023 abgelaufen.


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