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Was ist der All Crimes Approach?

Was ist der All Crimes Approach? Mit Umsetzung der 6. EU Geldwäscherichtlinie wurde im Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche der All Crimes Approach neu aufgenommen.

Mit Einführung des All Crimes Approach soll nicht mehr an einem selektiven Katalog festgehalten werden, sondern es sollen künftig alle Straftatbestände des Kern- und Nebenstrafrechts in den Kreis der Geldwäschevortaten einbezogen werden.

Künftig sollen zusätzlich zu Verbrechen auch sonstige Delikte des Kern- und Nebenstrafrechts taugliche Geldwäschevortaten sein.

 

Was ist der All Crimes Approach?

 

Was ist der All Crimes Approach?

Nach Artikel 2 Nummer 1 Satz 1 der Richtlinie bezeichnet „kriminelle Tätigkeit“ jede Form der kriminellen Beteiligung an Straftaten, die ein dort näher bestimmtes Strafmaß vorsehen.

Für Mitgliedstaaten, die wie die Bundesrepublik Deutschland ein Mindestmaß für Strafandrohungen kennen, sind dies Straftaten, die mit Freiheitsstrafe im Mindestmaß von mehr als sechs Monaten geahndet werden können.

Dem entspricht das Gesetz bereits, indem es in § 261 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 StGB alle „Verbrechen“ als taugliche Vortaten der Geldwäsche erfasst. Dies sind Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind (§ 12 Absatz 1 StGB). Ein Mindestmaß der Freiheitsstrafe über sechs Monaten, aber zugleich unter einem Jahr kennt das deutsche Strafrecht hingegen nicht.

Es soll jedoch nicht mehr an einem selektiven Katalog festgehalten werden, sondern es sollen künftig alle Straftatbestände des Kern- und Nebenstrafrechts in den Kreis der Geldwäschevortaten einbezogen werden. Daher werden die nachstehenden Vorgaben der Richtlinie über taugliche Geldwäschevortaten ohne Weiteres von der Neufassung abgedeckt.

 

Begriff der kriminellen Tätigkeit als Vortat der Geldwäsche

Artikel 2 Nummer 1 Satz 2 der Richtlinie führt in einer umfangreichen Aufzählung Kategorien von Straftaten auf, die in jedem Fall, also unabhängig von einer konkreten Strafandrohung, als „kriminelle Tätigkeit“ gelten und damit Vortaten der Geldwäsche sein sollen.

Es ergibt sich somit ein erheblicher Umsetzungsbedarf bei Festlegung der Geldwäschevortaten.

Die gebotene Erweiterung des bisherigen Vortatenkatalogs kommt daher aus rechtssystematischen und auch aus kriminalpolitischen Gründen nicht ohne eine über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehende Ausdehnung aus. Auch wenn es von der Richtlinie selbst nicht gefordert wird, soll an einem selektiven Katalog tauglicher Vortaten nicht weiter festgehalten werden.

Gerade in einem immer stärker zusammenwachsenden Europa ist es naheliegend, dass Straftäter die damit einhergehenden Vorzüge wie beispielsweise die Reise- und Kapitalverkehrsfreiheit dazu nutzen, strafbar erworbenes Vermögen über Umwege wieder in den Wirtschaftskreislauf einzuschleusen.

Dem heißt es, auch mit den Mitteln des Strafrechts wirksam entgegenzutreten. Das hat zur Folge, dass künftig zusätzlich zu Verbrechen auch sonstige Delikte des Kern- und Nebenstrafrechts taugliche Geldwäschevortaten sein sollen.

 

Keine Einengung auf Straftaten der organisierten Kriminalität

Es erscheint nicht gerechtfertigt, die Geldwäschestrafbarkeit auf Erträge aus Straftaten der organisierten Kriminalität oder auf typischer Weise profitgeneigten Straftaten einzuengen, zumal ein Tatlohn für jede Straftat gewährt werden kann.

Die Regelungszwecke des § 261 StGB selbst werden durch diese Umstellung nicht berührt.

Zum einen stellt die Geldwäsche einen tauglichen Ermittlungsansatz dar, weil kriminell erlangtes Geld in diesem Moment „sichtbar“ wird (Bundestagsdrucksache 12/989, S. 26). Durch den Erhalt einer nachvollziehbaren „Papierspur“ (Bundestagsdrucksache 12/3533,S. 11) werden die Ermittlungstätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden hinsichtlich der Vortaten geschützt.

Zum anderen geht es darum, den Vortäter in finanzieller Hinsicht gegenüber der Umwelt zu isolieren. Wenn er auf den Erlösen seiner Tat „sitzenbleibt“, entfällt für ihn der Anreiz zur Begehung von Straftaten (Bundestagsdrucksache 12/3533, S. 11). Diese Regelungszwecke sind nicht zwingend auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus beschränkt.

 

All Crimes Approach geht über Mindestempfehlungen der FATF hinaus

Die Anknüpfung an alle rechtswidrigen Vortaten geht nicht nur über die Vorgaben der umzusetzenden Richtlinie hinaus, sondern auch über die Mindestempfehlungen der Financial Action Task Force (FATF).

Diese sehen die Erfassung aller schwerwiegenden Straftaten („all serious offences“) vor. Die Anknüpfung an „all offences“ wird jedoch als Regelungsmöglichkeit ebenfalls erwähnt. Diesem sogenannten „all-crimes approach“ folgen unter anderem bereits Belgien (Art. 505 code pénal), Italien (Art. 648, 648bis, 648ter Codice Penale), Frankreich (Art. 324-1 code pénal), Niederlande (Art. 416, 417, 417bis Wetboek van Strafrecht) und Polen (Art. 299 Kodeks karny).

 

Hohes Strafbarkeitsrisiko durch Beibehaltung des Leichtfertigkeitstatbestands

Der Gesetzgeber hat die Ausdehnung des Straftatbestands der Geldwäsche in den Bereich der Leichtfertigkeit für erforderlich gehalten, um auftretenden Beweisschwierigkeiten entgegenzuwirken und eine effektive Geldwäschebekämpfung zu gewährleisten.

Diese Beweisschwierigkeiten entfallen durch den nun verfolgten „all-crimes approach“.

Für eine Strafbarkeit genügt es nun, wenn der Täter leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus irgendeiner Straftat stammt (§ 261 Abs. 6 StGB). Zwar sind an das Merkmal der Leichtfertigkeit nach der BGH-Rechtsprechung zu Recht strenge Anforderungen zu stellen. Es ist eine „vorsatznahe“ Auslegung vorzunehmen.

Bei Beibehaltung des Leichtfertigkeitstatbestands führt zu einer massiven Ausweitung der Strafbarkeit und des Strafverfolgungsrisikos. Ein bloßer Anfangsverdacht genügt für die dann zwingende Einleitung eines Ermittlungsverfahrens genügt.

Konsequenz für die Praxis: Durch die Streichung des Vortatenkatalogs sind nun alle Vortaten tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche. Dies macht die Geldwäsche zum Massendelikt. Der Leichtfertigkeitstatbestand erhöht das Strafbarkeits- und Strafverfolgungsrisiko für jeden, der im Wirtschaftsleben Zahlungen oder Waren entgegennimmt.

 

Leitlinien des BGH zur Leichtfertigkeit

Der BGH hat Leitlinien zur Leichtfertigkeit bei der Geldwäsche i.S. des § 261 StGB entwickelt. Leichtfertigkeit ist gegeben, wenn sich die Herkunft des Gegenstands aus Geldwäsche nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter gleichwohl handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer acht läßt (vgl. für Erfolgsqualifikationen BGHSt). Bezugspunkt der Leichtfertigkeit sind dabei auch die Umstände, auf die sich sonst der Vorsatz zur Vornahme der Tathandlung richten muß.